Meyenburg

Meyenburg wurde im Jahre 1285 erstmals schriftlich erwähnt. Die Stadt sicherte im Mittelalter die nur wenig weiter nördlich verlaufende Grenze zu Mecklenburg und die nach Norden führende Fernhandelsstraße. Der Grenzort auf Mecklenburger Seite, Stadt und Burg Plau, war dagegen bereits 1234 schriftlich genannt worden. Es wurde angenommen, dass Meyenburg ab um 1200 den Schutz einer ersten Burg genoss, welche aber nördlich des Flüsschens Stepenitz gelegen habe. Erst später sei die Burg auf das Südufer und in die Stadt hinein verlegt worden.

 

Schloss Meyenburg
Das Meyenburger Schloss bestand ursprünglich aus zwei getrennten Gebäuden. Das westliche, etwas jüngere Haus wurde erst nach einer 1413 besiegelten Teilung der Familie von Rohr und des Besitzes Meyenburg erbaut. Das östliche Haus schien älter als das westliche zu sein, seine Entstehungszeit könne noch bis in die Zeit um 1400 zurückreichen. Der Seitenflügel im Osten stammte dagegen aus einer relativ späten Zeit, er wurde vermutlich erst im späten 18. oder 19. Jahrhundert errichtet. Nach der Wieder-Vereinigung der beiden Linien der Familie von Rohr wurde 1865-1866 ein Verbindungsbau zwischen den beiden alten Wohnhäusern errichtet, der heutige Haupteingang des Schlosses. Das westliche Haus weist einen durchgehenden, mit nur einer flachen Tonne überwölbten Keller auf. Das östliche Gebäude besitzt einen kleineren kreuzgratgewölbten Kellerbereich, an den östlich ein mit zwei nebeneinander liegenden Tonnen eingewölbter Bereich anschließt.

Schloss Meyenburg, Gesamtplan

Anlässlich der geplanten Nutzung der Kellerräume für das Modemuseum sollten dort die Fußböden um 50 cm abgesenkt werden. Für den Seitenflügel waren der Einbau eines Fahrstuhls und eines Treppenhauses geplant, die Eingriffstiefe lag hier bei über 3 Metern. Die Firma Archäo Kontrakt legte daher zuerst sieben Sondagen an, um den Untergrund untersuchen zu können. Die Ergebnisse zeigten, dass der überwiegende Teil der Abtiefungsarbeiten von den Baufirmen vorgenommen werden konnte. Nur in wenigen Bereichen mussten bauvorbereitende Ausgrabungen durchgeführt werden. Die Untersuchungen wurden zwischen September 2003 und Oktober 2004 in drei Kampagnen von jeweils gut 2 Monaten Dauer durchgeführt1.

 

Westlicher Mittelteil

Im Keller unter dem westlichen Mittelteil fielen große Feldsteine auf, die in Reihen angeordnet waren. Sie bildeten den Grundriss eines annähernd quadratischen Turms, der eine Kantenlänge von knapp 10 Metern aufwies. Die Mauern waren 2,5 – 3,5 m dick, der Innenraum war knapp 14 m² groß.

Schloss Meyenburg, Turmfundamente unter dem westlichen Mittelteil

1 Uwe Müller und Renate Patzschke, Meyenburg. Die Ausgrabungen im Schloss – ein Vorbericht. In: Brandenburgische Denkmalpflege 15, Berlin 2006, Heft 2, 51-56

 

Da einige der Steine Reste einer weißen Bemalung zeigten, ist es wahrscheinlich, dass anfangs der Burgherr im Turm seine Wohnquartiere hatte. Der Turm dürfte, nach noch stehenden Beispielen, eine Höhe von 20-25 m erreicht haben. Der quadratische Grundriss könnte auf Verbindungen in Richtung Niedersachsen oder Rheinland hindeuten, denn im Norden und Osten treten deutlich häufiger runde Grundrisse auf. Der Turm stammt wohl aus dem späten 12. oder frühen 13. Jahrhundert.


Nach dem Abbruch des Turmes wurde auf der Fläche ein Gebäude aus Feldsteinen errichtet. Die damalige Bodenoberfläche lag über 2 Meter unterhalb des heutigen Hofniveaus. Dieser Bau dürfte nach 1413 errichtet worden sein, vermutlich diente er als zweites Wohngebäude. Seine Zerstörung lässt sich bisher nur allgemein ins späte Mittelalter datieren.

 

Östlicher Mittelteil

Als ältestes Gebäude im westlichen Teil des Kellers unter dem östlichen Mittelteil konnte hier ein Feldsteinmauerwerk nachgewiesen werden. Über einer Fundamentierung aus unbehauenen Steinen in Sand lagen zwei Bauphasen aus vermörtelten Feldsteinen. Der Mauerzug wurde als Westwand eines Palasgebäudes gedeutet, die östlich anschließenden Mauern sind noch als Kellermauern erhalten. Dieses Gebäude, ein sogenannter Saalgeschossbau, hätte ein Innenmaß von etwa 10,5 x 7,5 m gehabt. Der Hauptraum war ein großer Saal, der ein repräsentatives Umfeld für eine größere Gruppe von Menschen bot.


Die Mauer der älteren Bauphase ist ein wenig breiter als die jüngere Mauer, dafür wurde diese mit ausgesucht glatten und z.T. behauenen Steinen errichtet. Das ließ sich besonders gut in der Vermauerung der Ecken sehen. Die Mauer war etwa 1,4 m breit, sie reichte quer durch das Gebäude und war mit beiden heutigen Außenwänden verzahnt. Das Verhältnis zu den Mauern des Eckturms östlich des Palas ist nicht eindeutig. Der Turm könnte in die Palasmauer hinein gebaut worden sein, denkbar wäre aber auch, dass die Palasmauer auf ihn Rücksicht nimmt. Da die Untersuchungstiefe aber auf 50 cm beschränkt war, konnten wir diese Fragen nicht klären.
Auch ganz im Westen des Kellers wurden ältere Feldsteinmauern gefunden. Sie dürften von einem weiteren Gebäude stammen, an dieser Stelle wäre ein Torhaus zu vermuten. Beide Gebäude können z.Zt. nur relativ datiert werden. Sie stammen vermutlich aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts und dürften am Anfang des 15. Jahrhunderts teilweise abgebrochen worden sein. Spätestens beim Einbau der heutigen Treppenanlage wurde dieses Gebäude nach Westen verlängert, bis an das ehemalige Torhaus heran. Das Kreuzgratgewölbe und die Säulen, welche das doppelte Tonnengewölbe tragen, stammen von einem Umbau dieses Gebäudes. Sie waren ebenfalls aus Backsteinen gesetzt. Anhand der benutzten Formsteine lässt sich diese Bauphase in die Zeit um 1500 datieren.

 

Östlicher Seitenflügel

Wegen der großen Eingriffstiefe boten sich im Seitenflügel die besten Möglichkeiten zur Erforschung der Bau- und Nutzungsgeschichte der Anlage. Aus statischen Gründen musste in etwa 1 Meter breiten Schlitzen gegraben werden.


Die älteste Mauerphase war aus kleineren Steinen in Kalkmörtel errichtet und deutlich breiter als die jüngeren Aufmauerungen. Die Datierung dieser Phase ist noch relativ unscharf, sie könnte um 1200 begonnen und bereits vor der Mitte des 13. Jahrhundert (1235?) geendet haben.


Nach einer beinahe vollständigen Zerstörung wurde die Ringmauer neu aufgebaut und mit einer Reihe von Vorlagen verstärkt, welche der Burgmauer eine größere Stabilität verleihen sollten. Drei Vorlagen sind nachgewiesen, eine Vierte dürfte sich unter dem Ofen 2 befinden. Sowohl Innen als auch Außen war eine leichte Verschiebung der Fluchten gegenüber der älteren Bauphase bemerkbar. Die zweite Phase der Ringmauer datiert in die Mitte bis ans Ende des 13. Jahrhunderts.

Schloss Meyenburg, östlicher Seitenflügel, Ofen 1, von Süd

Als nächstes wurde die nördliche Vorlage abgerissen, vermutlich um Platz für einen Anbau zu schaffen. In diese Phase gehören die Anlage der ältesten Luftspeicherheizung, Ofen 4, von dem aber nur die Pflasterung der Heizkammer erhalten blieb. Der Ofen reichte weit nach Western, unter den heutigen Fundamenten des Seitenflügels hinweg. Der ehemalige Anbau war also breiter als das heutige Gebäude. Die Heizungsanlage, die hohe Qualität des Mauerwerks und der flächige Verputz deuten darauf hin, dass in dem Anbau Wohnräume gelegen haben. Diese Bauphase datiert vom Ende des 13. bis in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts. Danach wurde ein Umbau des Seitenflügels vorgenommen, verbunden mit der Errichtung weiterer Warmluftspeicherheizungen, den Öfen 1-3. Auffällig ist das mit dem Ofen 2 ein zweiter Ofenstandort begründet wurde, was eine Erweiterung des Gebäudes nach Süden andeutet.

 

Der Abbruch der jüngsten Heizungsanlagen, und vermutlich auch des Wohngebäudes darüber, erfolgte Ende des 14. Jahrhunderts bis um 1413. Er ging vermutlich einher mit der Verlagerung der Wohnquartiere in den östlichen Mittelteil. Dort wurde dann, der neuen Mode entsprechend, ein großer Kamin angelegt. Dessen Heizleistungen waren erheblich schlechter, aber er war deutlich repräsentativer als eine Reihe von Löchern im Boden.

 

Funde

Bei den Untersuchungen in Meyenburg wurden über 27.000 Funde geborgen. Die älteste vor Ort hergestellte Keramik stammte aus dem späten 12. oder frühesten 13. Jahrhundert. Importierte Keramik, aus dem Rheinland und dem südlichen Niedersachsen, zeigte die überregionalen Verbindungen des Burgherren.
Knochen war im Mittelalter ein beliebter, weil billiger Rohstoff. Er wurde für die Produktion vieler kleinerer Gebrauchsgegenstände eingesetzt. In Meyenburg fanden sich z.B. ein kleiner Würfel Nr. 11, mehrere Pfrieme, eine Nadel Nr. 15, sowie der untere Teil einer kleinen Knochenflöte, Nr. 10. Leider blieb nur der unterste Teil des Flötenkorpus mit dem letzten Griffloch erhalten. Zu den besonderen Funden gehörte eine aus Knochen gedrechselte Schachfigur, ein Bauer Nr. 12.

Schloss Meyenburg, Ausgewählte Funde

Außerdem wurden Reste von mehreren Kämmen gefunden, Nr. 8 und 9, deren Verzierung mit konzentrischen Kreisen eine Herstellung in der selben Werkstatt vor Ort nahe legt. Die beiden Kämme lassen sich aufgrund der Form ebenfalls ins 12. oder frühe 13. Jahrhundert datieren.


Im Seitenflügel wurden außerdem noch 11 Spinnwirtel gefunden, hauptsächlich aus dem späteren 14. Jahrhundert, Nr. 4 bis 7. Sie deuten darauf hin, dass nach der Übergabe der Burg an die Familie von Rohr in der Mitte des 14. Jahrhunderts mehr auf die produktiven Tätigkeiten der Burginsassen geachtet wurde als vorher, als sie noch den Askaniern gehörte.


Zu jeder guten Burg gehört mindestens ein Zauberring. Der Meyenburger Ring war aus Gold, er hat einen Durchmesser von 2,0 bis 2,2 cm. Der Ring trägt ein leicht erhabenes Inschriftband mit den Namen der Heiligen Drei Könige, Jaspar, Balthasar, Melchior. Fingerringe aus Edelmetall mit magischen Inschriften gehören zu den Gegenständen, die Personen mit hohem Rang auszeichneten2. Der Schrift nach zu urteilen entstand der Ring im frühen 14. Jahrhundert, die Ablagerung erfolgte ebenfalls noch im 14. Jahrhundert.

Schloss Meyenburg, Goldener Fingerring

Neben dem Ring wurden auch weitere Edelmetallfunde geborgen, z.B. Reste eines Gewebes mit oder aus Goldbrokat, oder ein silberner, vergoldeter Buchbeschlag. Die Schauseite zeigt einen von Perlstab umgebenen nach links gerichteten Drachen. Links sitzen zwei Nietlöcher, der rechte Rand war bei der Auffindung schon abgebrochen. Das Stück könnte noch aus dem 13. Jahrhundert stammen, als Bucheinbände reich verziert wurden.


Die Edelmetallfunde (Ring, Buchbeschlag, Brokat) deuten für das 13. Jahrhundert auf Burgbewohner aus den höchsten Kreisen hin, was durch das Fehlen von landwirtschaftlichen Geräten noch unterstrichen wird. Dazu passen auch zwei Perlen, eine aus Bergkristall, Nr. 13, die zweite vermutlich aus Karneol. Ein gewisser Statusverlust wird dann durch das Auftauchen der Spinnwirtel ab dem späten 14. Jahrhunderts angedeutet.

 

2 Reinhold Michelly, Der Spandauer Thebal Ring. Neues zum Problem der Thebal Ringe. in:Adriaan von Mueller & Klara von Mueller-Muci (Hrsg.), Ausgrabungen und Funde auf dem Burgwall in Berlin-Spandau, Berlin 1987, 64-81

 

Zusammenfassung:

Die archäologischen Untersuchungen zeigen also, dass hier spätestens im frühen 13. Jahrhundert eine Burganlage entstand. Ein Plan aus dem 18. Jahrhundert zeigt noch Reste der sie umgebenden Wassergräben.


Zur ältesten bisher nachgewiesenen Burganlage gehörten neben der Ringmauer, der Bergfried und ein Repräsentations- und Wohngebäude, ein Palas. Vermutlich hat auch bereits ein steinernes Torhaus bestanden. Die Ecktürme und die beiden das Tor flankierenden Halbtürme dürften spätestens Mitte des 13. Jahrhunderts angefügt worden sein. Ende des 13. oder Anfang des 14. Jahrhunderts wurde dann im Bereich des östlichen Seitenflügels ein Wohngebäude errichtet, dass mit Heizungsanlagen versehen war.


Die Funde und die Schriftquellen weisen für das späte 13. und die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts auf die askanischen Fürsten als zeitweilige Bewohner hin. Außerdem gibt es Hinweise auf die Anwesenheit der Fürsten von Werle. Die Ausstattung wurde mit der Übergabe der Burg an die Familie von Rohr etwas schlichter. Das Fehlen von landwirtschaftlichem Gerät und das Vorkommen von Luxusgütern weist ihnen aber ebenfalls eine hohe Stellung innerhalb Brandenburgs zu.

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