Im Zuge der Erneuerung der B 96 bei Gransee, Landkreis Oberhavel, wurde im Jahr 2004 auch die Templiner Straße, als Anbindung zur Rudolf-Breitscheid Strasse, grundlegend verändert. Da in diesem Bereich das ehemalige Zehdenicker Tor stand, war eine bauvorbereitende Bohruntersuchung durchgeführt worden. Dabei waren Reste von massivem Mauerwerk sowie Hinweise auf mehrere Stadtgräben aufgetreten.
Gransee erhielt 1262 das magdeburgische Stadtrecht verliehen. Es lag an der Haupthandelsroute von Berlin nach Stettin am Südende eines durch ein Sumpfgebiet führenden Dammes. Der Dammzoll und der
Fernhandel waren auch die Grundlagen für den Reichtum Gransees im Mittelalter. Mehrere Pestepidemien sowie der 30jährige Krieg verwüsteten die Stadt im 17. Jahrhundert. Ein umfassender Stadtbrand im
frühen 18. Jahrhundert führte zu einer weiteren Verarmung. Beim Wiederaufbau wurde das Straßenraster verändert um eine gleichmäßige Erschließung zu gewährleisten.
Frühere archäologische Untersuchungen in der Altstadt bzw. im Bereich der Stadtbefestigungen hatten eine Stadtentstehung noch im 12. Jahrhundert wahrscheinlich gemacht. Nach einer noch im 12.
Jahrhundert ursprünglich aus Holz erbauten ersten Befestigung1 wurde im 14. Jahrhundert mit der Errichtung von Mauern aus Feldsteinen begonnen. Zum Schluss bestanden die Wehranlagen der Stadt aus der
Feldsteinmauer, Erhöhungen/Erneuerungen in Backstein, unter anderem den in regelmäßigen Abständen errichteten Wikhäusern, und einem System aus drei vorgelagerten Gräben2.
Das Zehdenicker Tor soll in seiner Gestaltung dem Ruppiner Tor entsprochen haben. Dabei handelt es sich um einen 18 m hohen Backsteinturm auf Feldsteinfundamenten aus der zweiten Hälfte des 15.
Jahrhunderts3.
Bei den archäologischen Untersuchungen im Bereich des Zehdenicker Tors konnten verschiedene Reste der Stadtbefestigung freigelegt werden. Die älteste Phase aus dem späten 12. bis frühen 14. Jahrhundert bestand aus einer hölzernen Wehranlage mit vorgelagerten Gräben.
Ab der Mitte des 14. Jahrhunderts wurde die Befestigung durch eine Mauer und Torbauten aus Feldstein in Kalkmörtel ersetzt. Die freigelegten Mauerreste lassen keine eindeutige Rekonstruktion zu.
Vermutlich wurden die Reste eines Vortores erfasst, welches einen Zwinger vor dem eigentlichen Torturm abschloss.
Im 15. Jahrhundert erfolgte eine Erneuerung der Toranlage in Backstein. Aus dieser Phase konnte ein kleines Gebäude nachgewiesen werden, vermutlich das Haus eines Torwächters oder –schreibers.
1 Marcus Tier, Archäologische Untersuchungen im Bereich der mittelalterlichen Stadtbefestigung von Gransee, Lkr. Oberhavel. In: Befestigungen brandenburgischer Städte in der archäologischen
Überlieferung. Arbeitsberichte zur Bodendenkmalpflege in Brandenburg 5, 2000, 95-102
2 Maurizio Paul, Gestaffelte Gräben. Eine archäologische Baubegleitung in Gransee, Landkreis Oberhavel. In: Archäologie in Berlin und Brandenburg 1997 (1998), 109-110
3 Trier 2000 (s. Anm. 1), 96-97
Ab dem 18. Jahrhundert wurden die Toranlage abgebrochen und Wälle und Gräben planiert. Danach wurde nördlich des Zehdenicker Tors ein Friedhof eingerichtet. Es folgten verschiedene Planierschichten, die zur Verbesserung des Untergrundes bei den jeweiligen Straßenbaumaßnahmen aufgebracht worden waren.