Die Stadt Friesack, Kreis Havelland, liegt auf einem kleinen Sporn am Südrand der Rhin-
Niederung, des Luches1. Sie entstand in Nachbarschaft zu einer 1216 als burgward2
genannten Befestigung slawischen Ursprungs, welche die Straße durch das Luch schützte. Ab
etwa 1250 sollen hier erste Befestigungsbauten in Stein ausgeführt worden sein.
Bei Ausgrabungen auf dem Marktplatz wurden ebenfalls deutliche Hinweise auf eine
slawische Vorbesiedlung notiert3. Der älteste Bohlenweg, der bei den Untersuchungen erfasst
wurde, konnte dendrochronologisch ins erste Drittel des 13. Jahrhunderts datiert werden. Eine
intensivere Nutzung und Bebauung der Flächen, insbesondere eine eigenständige
Marktnutzung, ließ sich seit der Mitte des 13. Jahrhunderts4 belegen. In einer Urkunde des
Jahres 1327 wurde Friesack erstmals als Stadt genannt. 1619 wurden die Stadt und die
zwischen 1560 und 1588 erneuerte Burg durch einen Brand fast völlig zerstört. 1635 wurde
der Ort tagelang geplündert. 1638 belagerten die Schweden die Burg, die nach dem
Ausgehen der Verpflegung, an die Belagerer übergeben werden musste.
1 Gerard Jentgens, Burg und Stadt Friesack. In: Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland 37, 2000,
245-248
2 Vgl. Joachim Herrmann, Die vor- und frühgeschichtlichen Burgwälle Groß-Berlins und des Bezirks Potsdam.
Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Schriften der Sektion für Vor- und Frühgeschichte Bd. 9,
1960, 162, Kat. Nr. 202
3 Gerard Jentgens, „... und er wusch seine Hände in Unschuld..“. Archäologische Beobachtungen zur
mittelalterlichen Struktur der Stadt Friesack, Landkreis Havelland. In: Archäologie in Berlin und Brandenburg
1995-1996, 1997, 138-140
4 Gerard Jentgens, „... dem Teufel aus dem Sack gesprungen..“. Mittelalterliche Verkaufsstände unter dem
Marktplatz von Friesack, Landkreis Havelland. In: Archäologie in Berlin und Brandenburg 1998, 1999, 122-124
Nauener Straße, Grüne Straße, Kleine Schanze und Große Schanze
Bei den archäologischen Untersuchungen wurden zwei Gräben der Friesacker Stadtbefestigung angeschnitten. Die Gräben waren flachbodig und mit einer steilen Feindseite ausgestattet. Es dürfte sich dabei um natürliche Erosionsrinnen gehandelt haben, die leicht verändert und mit Holzeinbauten versehen worden waren. Einige der erfassten Hölzer könnten auch zu einer Brückenanlage gehört haben.
Ansonsten wurden hauptsächlich Befunde der Straßennutzung erfasst. Nutzungsreste an der Einmündung der Kleinen Schanze in die Nauener Straße lassen daran denken, hier habe vor der Anlage der Straße
ebenfalls ein bebautes Grundstück gelegen.
Bereits für das Neolithikum ließ sich indirekt eine intensive Nutzung belegen. Da die Zahl der Fund höher ist, als die aus dem Mittelalter, dürfte hier eine weiträumige Siedlung erfasst worden sein. Der quantitative Rückgang der Funde aus dem Mittelalter lässt sich durch die Annahme einer landwirtschaftlichen Nutzung der Flächen begründen, die ja außerhalb der Stadtbefestigung lagen.
In der Neuzeit setzte eine eigenständige Besiedlung der Areale vor dem Nauener Tor ein, die Befestigung der Grabenkanten dürfte genauso aus dieser Zeit stammen wie die ersten Planierschichten. Die
veränderte Nutzung schlug sich auch in einem reichen Fundmaterial nieder. Weitere großflächige Planierungen legten dann in der Moderne den Grundstein für die noch heute stehende lückenlose
Bebauung.
Kurstraße
Bei der Verlegung einer Gasleitung in der Kurstraße wurde als ältester Befund eine Kulturschicht angeschnitten, die aus dem Mittelalter bzw. der frühen Neuzeit stammen dürfte. Ansonsten endeten die Bodeneingriffe innerhalb der neuzeitlichen und modernen Planierschichten.
Poststraße
Bei den Arbeiten zur Straßenerneuerung in der Poststraße zeigten sich in dem ausgehobenen Graben nur wenige archäologisch relevante Befunde. Dabei handelte es sich um eine mittelalterliche und frühneuzeitliche Kulturschicht. Es wurden aber keine Einzelbefunde in dem ausgehobenen Graben erfasst.
Charlottenstraße und Wulkowstraße
Im Westen der Charlottenstraße verlief ein offener Entwässerungsgraben, welcher der Lage nach zur Umfriedung von Burg und Wirtschaftshof gehört haben könnte. Eine mittelalterliche
Kulturschicht konnte nur in dem tiefer ausgekofferten Bereich im Osten der Straße erfasst werden.
Dammstraße, Louisenstraße und Wasserstraße
Eine Überraschung war das Auftreten von urgeschichtlicher Keramik, die nur als Beimengung in jüngeren Befunden auftrat. Eine zweizeilige Rollrädchenverzierung auf der Schulter einer Randscherbe eines Töpfchens deutet auf eine Einordnung in die ältere Eisenzeit hin, vielleicht bis zur jüngeren Phase der Göritzer Gruppe5.
Nur im Westen der untersuchten Strecke wurde der gewachsene Boden, heller Sand, erreicht. Als nächste größere Schicht trat ein stark torfig-humoser Boden auf. Er dürfte zum Teil aus organischen
Abfällen, zum Teil aus Strauch- und Baumschnitt, zum Teil aus umgelagertem Boden, über einen längeren Zeitraum hinweg zur Geländeaufhöhung und Trockenlegung aufgebracht worden sein. Für den gesamten
Befund kann eine Datierung vom Spätmittelalter bis in die frühe Neuzeit angegeben werden. Die darüber liegende Sandschicht zeigt ein ähnliches Keramikspektrum, sie dürfte nicht viel jünger sein.
Im Bereich der Louisenstraße entstand der Eindruck, dort könnte unterhalb des Torfes ein alter Stadtgraben liegen. Eine weit verbreitete Brandschicht dürfte auf die Zerstörungen des 30-jährigen
Krieges zurückzuführen sein. Polychrom glasierte Neuzeitliche Gelbe Irdenware datierte die Schicht deutlich ins 17. Jahrhundert. Im Westen der untersuchten Dammstraße wurden Holzeinbauten
festgestellt. Dabei könnte es sich um Teile einer Brückenkonstruktion handeln. Weitere Hölzer im Osten der Straße könnten von neuzeitlichen Bohlenwegen stammen.
5 Siegfried Griesa, Die Göritzer Gruppe. Veröffentlichungen des Museums für Ur- und Frühgeschichte Potsdam (Hg. Bernhard Gramsch) 16, Berlin 1982, bes. S. 42-43