Hintergrundinfos zu Blankensee

Im Rahmen der Dorferneuerung wurden in Blankensee, Kreis Teltow-Fläming, zwischen November 2000 und 2001 Arbeiten für verschiedene Versorgungsleitungen und den Straßenbau von der Firma Archäo Kontrakt archäologisch begleitet.
 

Eine spätbronzezeitliche Großsiedlung in Blankensee, Kreis Teltow-Fläming

Blankensee, bekannt durch das Bauernmuseum und das Sudermann’sche Schloss, liegt nordwestlich von Trebbin. Geologisch gesehen besteht der Ort aus mehreren Talsandinseln in einem Niederungsbereich, die vermutlich die Durchquerung der Nieplitz-Niederung ermöglichten.

Die Geschichte des Ortes Blankensee reicht nach archäologischen Erkenntnissen bis in die slawische Zeit zurück; in den Schriftquellen wurde er 1234 erstmals genannt, 1317 wurde eine Burg erwähnt. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde das Herrenhaus auf den Fundamenten der von einem Wassergraben umschlossenen Burg  erbaut.

Blankensee war, wie auch die drei Dörfer Kanin, Busendorf und Klaistow, etwa 20 Kilometer weiter westlich, eine sächsische Enklave in preußischem Gebiet, was als Folge einer Ansiedlung bereits im 12. Jahrhundert gedeutet werden kann. Erst nach dem Wiener Kongress 1815 fiel Blankensee an Brandenburg.

 Bei den archäologischen Untersuchungen  konnte ein Einblick in die Stratigraphie im Straßenraum genommen werden. Zwischen Februar 2000 und November 2001 wurden etwa 7.000 m² Fläche, teils baubegleitend, teils bauvorbereitend, und etwa 3.000 m Leitungsgräben untersucht.

Dabei wurde deutlich, dass der größte Teil der heutigen Dorffläche aus ehemals bis zu 1,5 m tiefer liegenden Niederungen bestand, die erst seit dem 30-jährigen Krieg aufgefüllt worden waren. Der kleine Teich ist der letzte Bereich einer größeren, offenen Wasserfläche in der Mitte der Grundstücke. Erst in den 20er Jahren waren diese Flächen aufgefüllt worden, um die umliegenden Gärten zu vergrößern.

So ließen sich mehrere kleine Siedlungsinseln herausarbeiten, die zu dem heutigen Dorf zusammen gewachsen sind. Hier sollen hauptsächlich die Erkenntnisse zur urgeschichtlichen Nutzung im Nordwesten des Dorfes vorgestellt werden, alles andere sei nur kurz erwähnt.

Eine weitere spätbronzezeitliche Siedlung wurde im Süden des Untersuchungsgebietes erfasst, hier konnten bisher eine Kulturschicht sowie wenige Gruben beobachtet werden.

Ebenfalls nur in diesem Bereich konnten Reste von neuzeitlichen Hausgruben nachgewiesen werden, die eine Verbreiterung des Straßenraumes belegen.

Aufgrund der neuzeitlichen Planierungsmaßnahmen waren mittelalterliche Befunde nur noch westlich der Kirche erhalten. Hier war, durch die Verlegung der Kirchhofsmauer nach Osten, ein eigener Zugang zum Pfarrhaus geschaffen worden. Der Graben für die Schmutzwasseranbindung schnitt den alten Friedhof und wurde deshalb bauvorbereitend untersucht. Neben den Gräbern fielen die mächtigen urgeschichtlichen Gruben auf.

Bei den Arbeiten konnten 22 Gräber dokumentiert werden, die durch mittelalterliche und frühneuzeitliche Keramik aus den Grabgruben datiert wurden. Zwei D-förmige Gürtelschnallen aus dem 13. oder 14. Jahrhundert dürften von umgelagerten Bestattungen stammen.

Südlich der Kirche, von den genannten Befunden durch eine befundfreie Zone getrennt, traten wieder urgeschichtliche Gruben auf. Auch ganz im Südosten fanden sich einige locker gestreute Gruben, die beim Überputzen nur spätbronzezeitliche Keramik freigaben. Beide Gruppen wurden nur im Planum dokumentiert und danach mit Kies abgedeckt.

Beide Gruppen waren durch Zonen mit weniger oder gar keinen Befunden von einander abgegrenzt. Da die Anschlüsse an das zu vermutende Siedlungszentrum nicht untersucht werden konnten, musste offen bleiben, ob es sich um Ausläufer dieser Siedlung handelte oder um kleinere eigene Ansiedlungen.

Im Osten der Kirche wurde eine zusammenhängende Fläche von 400 m² bauvorbereitend untersucht. Im südlichen Teil der Fläche wurden die Reste einer intensiven urgeschichtlichen Nutzung in Form von Gruben und Eintiefungen freigelegt und untersucht.  Im nördlichen, etwas höher gelegenen Teil der Fläche, konnten zusätzlich Reste einer Kulturschicht nachgewiesen werden. Diese Kulturschicht überdeckte einige Gruben, andere schnitten sie, sodass eine Gliederung des Fundmaterials möglich war.

Die intensiv genutzte Fläche erstreckte sich, wie anhand der Leitungsgräben festgestellt werden konnte, mindestens 50 m weiter nach Westen und Norden, als zusammenhängende Siedlungsfläche könnte so die gesamte Hügelkuppe von 1 bis 1,5 Hektar genutzt worden sein.

Die am häufigsten angetroffenen Gruben waren von zylindrischer Gestalt, sie wiesen etwa einen Meter Durchmesser auf und waren etwa 1,0 bis 1,5 m tief. Diese Grubenform ist typisch für die späte Bronzezeit. Es traten aber auch andere Formen auf.

In einigen Fällen waren Hinweise auf die Konstruktion bzw. Nutzung der Gruben in dem hellen anstehenden Sand erhalten geblieben. So lassen mehrere Grubenprofile Rückschlüsse auf ehemals vorhandene Flechtwerkeinbauten in den Gruben zu.

Profil 65 zeigt humose Spuren außerhalb des Flechtwerks, hier könnte eine Röhre aus Flechtwerk, nachdem sie in die Grube versenkt worden war, mit leicht humosem Sand hinterfüllt worden sein.

In vielen Gruben scheint ein Umbau oder eine Reinigung vorgenommen worden zu sein, durch die eine Schicht heller Sand in die Füllung gelangte. Die dabei entstehenden „Hörnchen“ ließen sich auch bei einer ganzen Reihe von sehr viel flacheren Gruben aus der jüngeren Siedlungsphase erkennen, hier dürften die oberen Teile der Gruben in der frühen Neuzeit abplaniert worden sein.

Es fanden sich nur wenige Pfostenlöcher, die sich aber nicht zu Wandfluchten zusammenschließen ließen. Es konnte auch kein Lagebezug zu den wenigen Feuerstellen hergestellt werden.

Von den vielen Funden habe ich mich bisher nur mit der Keramik aus der Fläche näher beschäftigt. Dabei handelte es sich um knapp über 1000 Scherben. Den größten Anteil stellte mit 84 % eine dickwandige, grob gemagerte Ware, die außen geraut oder mit einem Tonschlicker überzogen worden war.

16 % der Scherben stammten dagegen von einer fein gemagerten, häufiger auch verzierten Keramik. In der älteren Phase der Siedlung war sie in vielen Formen vertreten, in der jüngeren Phase meist als Schalen oder Schüsseln, sowie Tassen.

Als Besonderheiten unter den Funden sind ein Siebgefäß zu nennen, eine Form, die allgemein der Käseherstellung zugeschrieben wird. Die Schalen könnten in diesem Zusammenhang zum Abrahmen der Milch gedient haben. Auffällig ist auch eine Randscherbe mit einem röhrenförmigen Ausguss.
 

Außerdem fand sich noch ein Netzsenker, welcher die Fischerei belegt, Erz, Schlacken und Metallfunde, die für eine Metallverarbeitung vor Ort sprechen, sowie Keramik-Fehlbrände, die auch eine Töpferei erschließen lassen.
 
Ergebnisse      
Bei den archäologischen Arbeiten wurden die Randbereiche einer urgeschichtlichen Besiedlung  erfasst. Es bestand aus einer größeren, spätbronze-/früheisenzeitlichen Siedlung, mit handwerklicher Bedeutung und regionalen bzw. überregionalen Kontakten, sowie einer oder mehreren kleinen Siedlungen, die landwirtschaftlich geprägt waren. Das Zentrum der Siedlung dürfte auf der höchsten Kuppe, im Umfeld der Kirche gelegen haben, auf dem Kirchhof kann noch heute spätbronzezeitliche Keramik von der Oberfläche abgesammelt werden.
 

Die Nutzung verlief zweiphasig, in der ersten Phase entstanden die Kulturschicht und die darunter liegenden Gruben. Von der jüngeren Phase haben sich nur eine Reihe von Gruben erhalten, welche die  Kulturschicht durchstießen. Wegen starker neuzeitlicher Abplanierungen waren aber die Kulturschicht sowie der obere Teil vieler jüngerer Gruben nicht mehr überall erhalten.
 

Zeitlich ist der Horizont des Übergangs von der späten Bronzezeit zur frühen Eisenzeit erfasst worden. Es scheint, als ob die beiden Siedlungsphasen sich auch entsprechend in eine spätbronzezeitliche und in eine früheisenzeitliche Phase trennen lassen würden, für eine verlässliche Aussage müssten aber die Keramik erst restauriert und alle Funde ausgewertet werden.
 

Die Belege für verschiedene Handwerke sowie die Anbindung an den Fernhandel, der die Metalle und die vermutlich importierte Keramik nach Blankensee brachte, deuten Siedlungsfunktionen an, die über die reine Selbstversorgung hinausgingen. Blankensee hätte demnach als Vorort für einen Kranz von kleineren Dörfern gedient.
 

Eine Befestigung der Siedlung wurde nicht entdeckt. Diese könnte auch kaum außerhalb des Untersuchungsgebietes gelegen haben bzw. in den Bereichen, in denen der gewachsene Boden nicht erreicht wurde. Das Fehlen von Verteidigungsanlagen grenzt die zentrale Siedlung also gegenüber den Burgen oder befestigten Siedlungen ab, z.B. die Römerschanze bei Potsdam[1]. Die intensive Nutzung und die Größe, die Mehrperiodigkeit und die überregionalen Kontakte trennen sie von den einfacheren kleinen Siedlungen[2].
 

Die zeitgleichen kleineren Siedlungen hätten jeweils aus nur wenigen Bauernfamilien bestanden, spezialisierte Handwerker gab es dort vermutlich nicht.
 

Ob mit diesen beiden Typen das Ende der Siedlungshierarchie erreicht war, oder ob für die Siedlungen vom Typ Blankensee noch die Burgen als regionale Zentren gedient haben, ist beim heutigen Stand der Siedlungsforschung nicht zu entscheiden.


[1] vgl. dazu J. Herrmann, Die vor- und frühgeschichtlichen Burgwälle Groß-Berlins und des Bezirks Potsdam. Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Schriften der Sektion für Vor- und Frühgeschichte Bd. 9, 1960, 12 ff.; zur Römerschanze S. 187 und Kat. Nr. 318
 

[2] Eberhard Böhnisch   Die urgeschichtliche Besiedlung am Niederlausitzer Landrücken. Forschungen zur Archäologie im Land Brandenburg 4, 1996,  bes. 88 ff und 106 f

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Archäo Kontrakt

Michael Böhm
Wernsdorfer Straße 34
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